Körpergefühl

Piercings werden seit tausenden von Jahren gestochen. Volksgruppen in Afrika, Amerika und Asien durchbohrten traditionell die verschiedensten Körperteile aus spirituellen Gründen, zur Abgrenzung gegenüber anderen Völkern, oder bei Erreichen eines Lebensabschnitts. Piercings können Mut, Liebe oder Zusammengehörigkeit symbolisieren. In moderneren Zeiten wurden Piercings oft mit Rebellion in Verbindung gebracht, zum Beispiel in der Punkszene.

Ich habe mich auch aus den traditionellen Gründen piercen lassen. Meine Piercings markieren wichtige Ereignisse in meinem Leben. Sie sollen mich auch abgrenzen von den biederen Seidenblusen/Perlenkettenfrauen. Zum Piercer zu gehen bedeutet für mich ein Abenteuer, und ich freue mich über das kleine bisschen Mut, den ich dabei aufbringe und über die kleine Überwindung, wenn ich den Schmerz spüre. Beim Verlassen des Piercingstudios habe ich das Gefühl, etwas Besonderes gemacht habe, etwas das mich von der grauen lustlosen Masse abhebt. Auch wenn man das Piercing nicht sieht, wenn ich angezogen bin, oder gerade dann. Ein Piercing gibt mir die Gewissheit, noch nicht einer konservative Übersättigung anheimgefallen zu sein.

Mein Bauchnabelpiercing habe ich mir machen lassen, weil ich jung war, mich schön fand und zeigen wollte, was ich habe. Das Brustpiercing habe ich noch nicht lange. Es war für mich ein Symbol dafür, dass – auch wenn die Brüste einer Mutter von drei Kindern nicht mehr aussehen wie die eines jungen Mädchens – kein Grund besteht, sie nicht zu mögen und attraktiv zu finden.

Für mich war es der Beginn des Umdenkens, der Abkehr vom Schönheitsideal, das die Medien Frauen auferlegen wollen. In dieses passe ich nicht und will auch nicht mehr hineinpassen. Eine Frau über 35 sollte nicht dünn wie ein Suppenhuhn sein. Ohne körperliche Substanz werden die Nerven zu sehr aufgerieben, besonders bei der Kindererziehung. Mütter, die nach diesem Ideal streben, werden schnell verhärmt und wirken oft vertrocknet und spröde. Außerdem verabschieden sich die Brüste, und wer will das schon? Die Abkehr vom Körperkult bewirkt auch, dass man sich wieder seiner anderen Qualitäten besinnt und diese stärker kultiviert.

  

In dieser Schmuckkolumne stelle ich drei Kombinationen von Bauchnabel- und Brustschmuck vor. Die großen goldenen Anhänger sind aus der Dall’Avo Gipsy Collection (http://www.dallavo.net/index_1.html ) und eigentlich nicht als Brust- oder Bauchschmuck gedacht. Mit dem Karabiner kann man die Anhänger an herkömmlichen Piercingringen befestigen.

Die zweite goldene Kombination ist alltagstauglicher als die erste. Mit den Zirkoniasteinen sehen die Schmuckstücke dennoch effektvoll aus. Mir gefällt, wie sich der kleine Stein durch einen zarten BH und eine enge Seidenbluse drückt und damit für den Kenner andeutet, was verborgen ist.

Der Silberschmuck umschließt die Brustwarze vollständig wie ein Käfig. Gespielt wird ein bisschen mit der Assoziation einer Kirsche in einem silbernen Obstkorb. Durch die Positionierung auf der Brust bekommt dieses konservative Symbol eine herausfordernd freche Bedeutung. Der Bauchnabelschmuck ist aufgrund seiner Größe auch für tiefere Bauchnabel geeignet. Das technische X stellt sich dem verspielten Körbchen auf der Brust kontrapunktisch entgegen.

Schönen Piercingschmuck kann man kaufen bei: http://www.thechaingang.com/ und http://www.bodyjewelleryshop.com/.

  

Über Karin Koller

Biochemist, Writer, Painter, Mum of Three
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61 Antworten zu Körpergefühl

  1. Clara schreibt:

    Gratuliere zu deinem Mut, das zu zeigen. Wunderschön.

  2. Pingback: Anonymous

  3. Erika schreibt:

    Schön!

  4. NicoleLee schreibt:

    Ich finde gut, dass du mit dem Tabu brichst, dass man Brustwarzen nicht zeigt. Ich habe auch ein ähnliches Shirt wie du und sehe absolut keinen Grund, nicht damit herumzulaufen. Das sollten noch viel mehr Leute tun, weil gerade dieses verdruckste Verstecken des Körpers, das hinter diesem Tabu steckt, Ursache für viele uns schon von Kind an eingetrichterten Neurosen ist. Tolle Fotos, auch.

    • Karin Koller schreibt:

      Danke. Du hast so Recht. Man sollte freier mit seinem Körper umgehen und damit auch anderen Leuten zeigen, dass der Körper etwas Natürliches ist. Ich bin selbst nicht so frei, wie ich gerne sein würde. Heute habe ich mich aber etwas getraut. Beim Shirt habe ich allerdings etwas geschummelt: es ist so gearbeitet, dass die Brustwarzen versteckt sind und ich habe es etwas zur Seite gezogen. Ich denke, dass dieses Shirt auch mit verdeckten Brüsten aber ohne BH bei sehr vielen Leuten Empörung auslösen würde. Ich muss es wohl öfter tragen.

  5. JoM schreibt:

    Toller Beitrag, toller Schmuck!

    • JoM schreibt:

      Karin hat mir freundlicherweise erlaubt, diesen Artikel für einen Aufruf zu nutzen:

      Ich erhebe für einen – nichtkommerziellen – Beitrag weibliche Piercinggewohnheiten, Piercingwünsche und Piercingerfahrungen. Dafür habe ich einen Fragebogen erstellt, der anonym ausgewertet wird. Ich wäre jeder Frau, die bereit ist, meine Erhebungen durch Ausfüllen dieses Fragebogens zu unterstützen, sehr sehr dankbar. Wer bereit ist, mitzumachen, soll einen kurzen Kommentar schreiben. Der Fragebogen wird dann an die nur für den Administratot sichtbare Emailadresse verschickt. Anonymität wird ebenso ausdrücklich zugesichert, wie, dass die erhobenen Daten an niemanden weitergegeben werden.

  6. susannepointner schreibt:

    Wow, wunderschön weiblich. Ich höre auch schon wieder auf mit den Alliterationen, aber wirklich Klasse, Kompliment.

  7. Elke schreibt:

    @NicoleLee: du hast so recht. Wie kommen wir Frauen eigentlich dazu, uns so zu kleiden und darzustellen, wie das eine patriarchalische, frauenunterdrückende Gesellschaft, die unterstützt wird von Frauen, die die Gehirnwäsche durch die Kirchen etc. nicht überwunden haben, fordert. Man darf sich um diese Leute einfach nichts scheissen.

    • Karin Koller schreibt:

      Ja, genau.
      Starkult, Frauenzeitschriften, Modelshows, etc. sind aber meiner Meinung nach noch mehr Schuld als die Kirche. Die hat zum Glück außerhalb der Schulen nicht mehr einen so großen Einfluß.

    • hans schreibt:

      danke elke – du hast den richtigen ton für diese art von leuten gefunden – leider sind diese verklemmten in allen arten des lebens die übermacht – drum müßten man dies umso lauter rausschreien !

  8. miriambrenner schreibt:

    Schön zu sehen, wenn sich jemand nicht an die Vorschriften der selbsternannten Sittenpolizisten hält. Ich habe sowieso nie verstanden, weshalb eine weibliche Brust oder Brustwarze versteckt werden sollen muss, während niemand was daran findet, wenn „Mädchen“ jeden Alters durch das exzessive Auftragen von Lipgloss ihre symbolische Lolita-Bereitschaft zum Blowjob signalisieren. Aber ich muss ja nicht alles verstehen.

    Du kannst mir den Fragebogen auch schicken.

    • Karin Koller schreibt:

      In meiner Jugend war es ganz normal, oben ohne zu baden. Heute macht das fast niemand mehr. Es wäre interessant zu ergründen, woher die Sittenpolizei gekommen ist.

  9. Roberta schreibt:

    Fantastique!

  10. Lisa Mertens schreibt:

    Magnifico!

  11. Layla schreibt:

    Schmerzt das Brustpiercing unter einem BH?

  12. Ich finde es besonders gut, wenn Piercing aus dem Schmuddeleck herauskommt, in das es durch die Powers that Be verräumt wurde. Dazu tragen solche Artikel bei, danke. Ich bin auch bereit, den Fragebogen auszufüllen.

    • katharinapleberger schreibt:

      Mein Grossvater (92) ist vorhin dazu gekommen, als ich den Beitrag gelesen habe. Er war ganz begeistert, wie „ästhetisch“ ein Brustpiercing ist. Also, toll gemacht. Ich beantworte die Fragen auch, wenn du willst.

      • Karin Koller schreibt:

        Danke. Schön, dass auch ältere Menschen noch weltoffen sind. Ich glaube, dass ein guter Teil der Determinierung des Frauenbilds von Frauen mittleren Alters ausgeht. Die anderen Menschen tragen dieses Bild mit, weil sie Herdentiere sind, oder weil sie sich nicht nachgedacht haben.

  13. L. schreibt:

    Hey girl, heute hätte ich, wenn es möglich gewesen wäre, zum ersten Mal in meinem Leben einen Like-Button gedrückt. Das richtest du bei mir an, gehe in dich.

  14. kreadiv schreibt:

    Liebe Karin (heute benutze ich bewusst die persönliche Anrede),

    ich finde es wunderbar, dass Du für Dich Deinen ganz persönlichen Ausdruck gefunden hast.
    Ich wünsche Dir viel Freude auf Deinem weiteren Weg
    herzliche Grüße
    Andrea

    • Karin Koller schreibt:

      Liebe Andrea,
      vielen Dank.
      Das klingt wie ein Abschied. Ich hoffe, Du schaust wieder mal vorbei.

      • kreadiv schreibt:

        Nein, auch wenn es sich vielleicht so anhört, war es ganz und gar nicht als Abschied gemeint. Ich wollte Dir das einfach so sagen und dabei meinen persönlichen Standpunkt weglassen.

  15. Alexandra schreibt:

    Hallo, ich wollte dir nur sagen, dass ich dich bewundere, wie locker du mit deinem Körper umgehst. Ich wollte, ich wäre dazu auch in der Lage. Aber leider fehlt mir der Mut (sowohl für die Piercings als auch für die Offenheit in der Darstellung). Aber toll, dass du ein Zeichen setzt, an dem sich hoffentlich viele orientieren können.

    • Karin Koller schreibt:

      Versuch den Mut für die Piercings aufzubringen. Es ist ja eigentlich nicht einmal Mut erforderlich, sondern nur ein bisschen Selbstüberwindung. Du könntest mit einem Piercing beginnen, das Dir noch nicht sehr gewagt vorkommt. Wenn es Dir gefällt, wähle ein etwas Gewagteres, usw.

  16. Alexandra schreibt:

    Wenn es nur so einfach wäre. Mir kommen alle Piercings gewagt vor.

    • Alexandra schreibt:

      Zumal ich schon 40 Jahre alt bin.

      • Karin Koller schreibt:

        Ich werde im Sommer 40 und habe manche Piercings erst seit einigen Wochen. Es ist nie zu spät. Eine Blogleserin hat sich einen Nasenring stechen lassen, um ihre Pensionierung zu feiern. Was genau sind Deine Bedenken?

      • Alexandra schreibt:

        Das würde den Rahmen eines Kommentars sprengen, aber zusammengefasst: fehlender Mut zum Konformitätsbruch

      • Karin Koller schreibt:

        Probier es mit einem Piercing, das Du nicht so ohne weiteres für jeden sichtbar zur Schau stellst. Dann kannst Du den Konformitätsbruch (den es ja eigentlich nicht darstellt) begehen ohne mit Konsequenzen (die es aber nach meiner Erfahrung nicht gibt) derer, die sich darüber empören könnten, leben zu müssen .

      • Alexandra schreibt:

        Was würdest du denn empfehlen?

      • Alexandra schreibt:

        Womit hast du denn angefangen?

      • Karin Koller schreibt:

        Mit den Ohren, dann Bauchnabel, dann Brust und dann Nase.

  17. gedankenfest schreibt:

    Ich habe den Beitrag direkt gelesen, als du ihn eingestellt hast. Ich war baff. Einfach nur sprachlos. Über deinen Mut. Über dich. Deswegen kommt jetzt erst der Kommentar.

    Ich ziehe meinen Hut davor. Vor deinen Piercings, vor den Gründen deiner Piercings. Ich habe noch nie jemanden getroffen, wo ich gesagt habe: Ja, ich kann absolut nachvollziehen, warum du deine Piercings hast.
    Aber ich lese seit einigen Wochen den Blog einer besonderen Frau, die mir das erste Mal zeigt, dass Piercings nicht nur etwas für Menschen sind, die versuchen, zwanghaft jung zu bleiben, sondern wo jedes Piercing eine besondere Bedeutung hat. Und es ist eine Abgrenzung. Eine Abgrenzung gegenüber den biederen Perlenkettenträgerinnen. Ich habe das Gefühl, du lebst, wie du dich fühlst. Du rennst nicht der ewigen Jugend hinterher, sondern tust, was dir gefällt. Und wenn es ein Brustpiercing ist, dann auch das. Warum auch nicht? Ich finde den Grund wirklich toll.
    Meine Brust ist nicht schön. Ich finde sie nicht schön. Sie hat darunter gelitten, dass ich so viel abgenommen habe. Vielleicht wäre es auch bei mir eine Idee, um sie zu schmücken, schöner zu finden, anzunehmen.
    Liebe Karin, wenn ich drei Kinder bekommen würde und danach solche Brüste hätte, ich würde sie auch mit Stolz tragen! Vollkommen zurecht.

    Ich freue mich auf weitere Einträge von dir. Aus jedem deiner Artikel, sei es nun ein persönlicher von dir oder ein Gastbeitrag, nehme ich immer etwas für mich mit. Auch dieses Mal. Ein besseres Gefühl und den Gedanken, dass meine Brüste vielleicht schöner sind als ich sie finde. Und den Gedanken, vielleicht mal eine Maßnahme zu ergreifen, um mich mit ihnen anzufreunden.

    • Karin Koller schreibt:

      Gestern habe ich einen schönen Satz gelesen: „Darum ist es nicht wichtig, dass wir wirklich aussehen wie Liz Taylor oder Paul Newman; es genügt, dass wir uns einen Moment lang so anmutig verhalten, dass jemand es hätte glauben können.“
      Schönheit ist nicht anatomische Wirklichkeit, sondern ein Gefühl, eine Darstellung. Nur wenn man das begreift, kann man wirklich schön sein. Natürlich nicht für jene, die nur eine Hülse ansehen wollen, aber für jene, die wichtig sind. Mir gelingt das nicht immer, aber wenn ich die Fotos für die Schmuckkolumne mache, dann ist dieser Moment des Scheins und der Anmut gekommen, der das Selbstwertgefühl für die ganze restliche Woche stärkt.

  18. Anna-Maria schreibt:

    Tolle Bilder. Ich fülle den Fragebogen gerne aus.

  19. danielasucht schreibt:

    Toller Beitrag. Wenn du mir den Fragebogen schicken möchtest …….

  20. anniefee schreibt:

    Ich möchte mich auch bedanken. Obwohl ich noch längst nicht 40 bin, bin ich etwas deprimiert über meine veränderte Brustform nach den beiden Schwangerschaften. Sieht so aus, wie ich mir das auch bei Damen, die viel Gewicht verloren haben, vorstelle.
    Auch kann ich mir momentan schwerlich vorstellen, wie ich, wenn die Kinder größer sind, weiterhin unkonventionell bleiben kann..
    Dein Beitrag hat mich bzgl. der Zukunft etwas ermutigt.
    Bislang habe ich ja nur den Nasenring, den ich mir aus Rebellengründen zum 16. Geb. stechen ließ -jeglicher anderer Schmuck geht mir auf den Nerv bzw. läuft Gefahr, von den Kleinen abgezogen oder verdreht zu werden.
    Nach der Lektüre kann ich mir weitere Piercings für in 10,15 Jahren vorstellen 😉
    aber auch ein Tatoo wär mal schön ^^

    • Karin Koller schreibt:

      Nach Schwangerschaften muss man sich mit der neuen Brustform anfreunden. Ich glaube, das geht fast jeder Frau so. Leichter geht das, wenn man das Mädchenideal in allen anderen Bereichen auch ablegt.
      Niemand ist ständig unkonventionell. Wenn man nur manchmal aus der Reihe tanzt oder immer wieder mal unkonventionell denkt, reicht das schon. Das geht auch mit Kindern. Und gerade wenn man Kinder hat, sollte man ihnen auch zeigen, dass man kein Zinnsoldat sein muss, um im Leben voranzukommen.
      An Schmuck gewöhnen sich Kinder schnell, die reißen nur daran, solange er eine Neuheit ist. Wenn Du 15 Jahre wartest, kannst Du mit Deinen Kindern zusammen ins Piercingstudio gehen. Ich würde es früher machen.

  21. Joan Sanders schreibt:

    Bitte den Fragebogen schicken.

  22. hans schreibt:

    KOMPLIMENT zur zuschaustellung sowie zu den gewählten formen !
    muss man reifer werden um manchen mut zu haben ?

  23. Werner schreibt:

    Ein Wahnsinnskörper und Wahnsinnsbrüste. Ich finde deinen Brustschmuck einfach unsagbar erotisch. Wer einem solchen tollen Frauenkörper diese Modelhungerhaken vorzieht, hat sie doch nicht mehr alle.

  24. Sarah Brauner schreibt:

    Mutig und aufregend

  25. Anja schreibt:

    ich würde gerne auch anfangen, mich richtig piercen zu lassen, aber ein nippelpiercing ist mir für den anfang zu wild; hast du denn erfahrungen mit zungenpiercings?

  26. Claudia schreibt:

    Ich bin 50 jahre Jung und trage immer nich mein Bauchnabel und Nasenpiercing

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