Diese Woche konsumiert

Fußball

FC Barcelona : Manchester United 3 : 1. Sparkling performance!

Nachrichten

Hitler wird die Ehrenbürgerschaft von Amstetten aberkannt und die FPÖ enthält sich der Stimme. FPÖ-Abgeordneter Königshofer bezeichnet Marokkaner als Kanaken. Man würde meinen, Österreich sei ein glückliches Land, wenn solche Nachrichten zu den Aufregern der Woche gehören. Aber diese Handlungen und Sager (ebenso wie der Reim von ÖVP-Mandatar Großruck) reflektieren die Geisteshaltung der Menschen, die die Geschicke unseres Landes lenken. Man zeigt dem rechten Klientel, was man wirklich meint, wenn man auch offiziell anders auftreten muss. Man gibt sich lässig und locker und erlaubt sich was mit einem Augenzwinkern.

Nur der Karlheinz versinkt langsam im Selbstmitleid: „Vielleicht war es ein Fehler, dass ich überhaupt Finanzminister geworden bin. Oder vielleicht war es ein Fehler, wenn ich Wolfgang Schüssel zu seinem Wahlerfolg verholfen habe. Das verzeihen einem in diesem Land einige offenbar niemals.“ Bitte schreibt ihm ein Brieflein, dass er doch noch der Schönste ist, damit er nicht so traurig ist.

http://derstandard.at/1304552818583/FPOe-Tirol-Koenigshofer-bezeichnete-auf-Facebook-Marokkaner-als-Kanaken

http://mobil.derstandard.at/1304552888348/Finanzstrafverfahren-Zehn-Hausdurchsuchungen-bei-Grasser

 

Werbespot

Die junge Union in Niederbayern hat offenbar bei der ÖVP Tirol ein Filmseminar belegt. Strauss-Kahn war möglicherweise die Inspiration für das Resultat. Protestkultur und Sozialismus vermögen die Prinzessin nicht aus dem Tiefschlaf zu wecken. Dann kommt der Unionsprinz. Die Prinzessin wacht auf, sagt „Jetzt blas ich Dir einen Marsch“, geht auf die Knie und verschwindet dabei aus dem Bild. Der Prinz schaut verklärt, als würde ihm Lustvolles widerfahren. Es ist mir unergründlich, was die junge Union ihren Wählern damit sagen will. Vielleicht, dass Engagement in der Politik mit Blowjobs belohnt wird?

http://bit.ly/lIwz2O

 

Blogeintrag

So funktioniert Journalismus. Stefan Niggemeier erklärt in zwanzig Punkten die Überlegungen, die hinter einem schnell geschossenen Spiegelaufmacher stehen: Aneinanderreihung wahlloser Fakten, sich in Details verlieren, Aufblasen von Fakten, Einstreuen von abgegriffenen Metaphern, Verwenden von möglichst vielen Wörtern, Einbauen von Laienpsychologie, etc.

Ein sehr lesenswerter Blogeintrag. Ich bin überzeugt, dass viele Artikel so entstehen. Das sind aber – im Gegensatz zu Niggemeiers Meinung – schon die besseren Artikel. Bei den schlechten Artikeln wird einfach die Agenturmeldung abgeschrieben und das oft fehlerhaft.

http://www.stefan-niggemeier.de/blog/spiegel-sex-power-bullshit/

 

Buchbesprechung

Jonathan Franzen, Freedom: Ich habe ein Problem mit Jonathan Franzens Freedom. Offenbar bin ich nicht alleine. In Amerika werden berühmte Schriftsteller gerne auf ein Podest gestellt. Dort bleiben sie, egal was sie noch schreiben. Richard Ford war zu Recht auf diesem Podest, bis er The Lay of the Land geschrieben hat. Philip Roth hätte ich schon mehrmals hinuntergestoßen. Jonathan Franzen hätte ich nie draufgestellt. Aber da steht er und viele Kritiker fürchten sich, ihn anzupinkeln.

Tim Parks und John Crace sind aber furchtlos und zeigen auf, dass der Kaiser nackt ist (http://www.nybooks.com/blogs/nyrblog/2011/may/11/franzens-ugly-americans-abroad/ und http://www.guardian.co.uk/books/2010/sep/27/freedom-jonathan-franzen-digested-read ).

Was Tim Parks nicht anspricht: Der Protagonist von Freedom merkt zu spät, dass es nicht umweltfreundlich ist, Mountaintop Mining zuzulassen, um einen Vogel zu retten. Manche Kritiker merken lobend an, dass Franzen (ebenso wie McEwan) nicht missionieren will und deshalb distanziert über die Umweltthematik schreibt. Ich frage mich, warum man uns glauben machen will, dass Umweltschutz nur von egomanischen Ignoranten betrieben wird, die zu selbstverliebt oder dumm sind, sich Gedanken zu machen. Es wird suggeriert, dass Umweltschutz nicht funktionieren kann und ohnehin nicht notwendig ist. Und das halte ich für das falsche Signal.

Film

The Social Network: Mark Zuckerberg ist ein Arschloch, das wird in The Social Network mehrmals gesagt. Die Winklevoss Zwillinge kommen nicht besser weg. Überhaupt gibt es in dem Film keine einzige sympathische Person. Harvard Studenten sind oberflächlich, interessieren sich hauptsächlich für Alkohol und Mädchen, die ihnen den Schwanz lutschen und fühlen sich dennoch allen anderen überlegen. In alldem ist sicher ein wahrer Kern, vielleicht stimmt es sogar weitgehend. Trotzdem glaube ich nicht, dass die Welt so einfach gestrickt ist.

Es zeigt sich wie so oft, dass komplexe Plots mit ihren sozialen Interaktionen in einer Serie wesentlich differenzierter darstellbar sind als in einem Film. Ein Film muss sich in dem ihm zur Verfügung stehenden Zeitraum auf Schwarz-Weißmalerei beschränken. Sogar wenn Aaron Sorkin das Drehbuch schreibt.

Über Karin Koller

Biochemist, Writer, Painter, Mum of Three
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9 Antworten zu Diese Woche konsumiert

  1. silbersternchen schreibt:

    Der Artikel von Niggemeier legt gut offen, was man schon immer vermutet hat, wenn man diese inhaltsleeren blumigen Reportagen, wie sie News und ähnliche Publikationen füllen, liest. Und das Unionsvideo dreht einem den Magen um. In welchem Jahrhundert leben solche Idioten eigentlich?

  2. anniefee schreibt:

    „Jetzt bloas i dirn Marsch“ *lol*
    was an schmarrn…
    danke dafür ^^

  3. Clara schreibt:

    Es muss bei diesen Bergvölkern was im Wasser sein, das die Inspiration zu solch genialen Werbefilmen auslöst. Ich vermute, die Fixierung auf unterschwellige sexuelle Untertöne hat ihre Ursache in der von der dort immer noch dominanten katholischen Kirche propagierten Triebunterdrückung. Ob man bei diesen künstlerischen Ergebnissen aber von Sublimierung des Sexualtriebes sprechen kann, ist fragwürdig. Vielleicht würde den jungen Burschen helfen, wenn sie mal tatsächlich Kontakt zu einer lebenden Frau aufnehmen dürften?

  4. alicedelrosario schreibt:

    Ich glaube, man liegt nicht falsch, wenn man unterstellt, dass stärkere Getränke als Wasser Pate der Grundidee hinter diesem Werbefilmchen standen. Oans, zwoa, gsuffa dürfte das Motto der JU Niederbayern sein.

  5. miriambrenner schreibt:

    Ja, ja KHG, diese Verfolgung durch die Kleinkarierten, die ist die Strafe des Mittelmasses für jemanden, der größer denkt, genialere Ideen hat, besser für seine Freunde sorgt und überhaupt weiss, dass nur Kleingeister meinen, die normalen Gesetze gelten auch für solche politische Titanen. Wann verteidigt ihn endlich ein Philosoph? Levy ist ja beschäftigt, aber vielleicht könnte ja Herr Burger oder Herr Liessmann einspringen, wenn ein Nietzscher Übermensch angegriffen wird. Oder zumindest Herr Menasse seine Verteidigungsrede für Noever adaptieren?

    • Lisa Mertens schreibt:

      Und wo bleibt Schüssel, wenn der Karlheinzi ihn braucht? Nach allem, was er für ihn getan hat? Eine zynischere Kindesweglegung, als sie dem armen Karlheinzi passiert ist kaum vorstellbar. Und wie hätte er denn wissen sollen, dass die Gesetze auch für ihn gelten? Das haben im weder der Jörgi noch der Wolfi beigebracht.

    • JoM schreibt:

      Ich würde, wenn sich keiner der Noever-Verteidiger dazu in der Lage sieht, Herrn Grasser in Schutz zu nehmen, vielleicht versuchen, zumindest eine psychologische Fernexpertise bei Herrn Dr. Haller („Franz Fuchs war ein Genie“) einzuholen. Das hat sogar Herr Fritzl bekommen, das ist das Mindeste, was sich KHG nach allem, was er für die Medien getan hat, auch verdient hat.

  6. Lisa Mertens schreibt:

    Ihm ihm ihm ihm. Ich weiss, das ihm ein stummes h braucht. Ich weiss es wirklich. Verzeihung.

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