Dinge, die wir lieben: Selbstbefriedigung

 

Ein Gastbeitrag von Roberta Fernandez

Woody Allen sagte einmal, „Masturbation, that´s sex with someone I really love.”

Der Ausspruch war natürlich ironisch gemeint. Dennoch lassen sich aus diesem scherzhaften Ausspruch einige wahre und wichtige Grundsätze ableiten.

Nämlich, dass Sex, mit jemandem, den man liebt, wunderbar ist, und dass man sich selbst mögen muss, um sexuelle Befriedigung zu erfahren. Und letztlich auch, dass Selbstbefriedigung  nichts Fragwürdiges, sondern etwas Schönes ist.

Das erscheint uns heute offensichtlich.

Aber diese Erkenntnis ist noch relativ neu.

Die Herrschenden, insbesondere die Kirchen, haben ja über Jahrhunderte die Ansicht gepredigt, (- geltend natürlich nur für die Schäfchen, nicht aber für die Hirten -), dass jede Sexualität, die nicht der Fortpflanzung dient, des Teufels ist. Sexualität sei nur Mittel zum Zweck und dürfe keineswegs für sich genossen werden. Alle sexuellen Wünsche und Bedürfnisse seien daher zu unterdrücken.

Als sich herausstellte, dass eine solche Unterdrückung, oder wie es unser hochverehrter Herr Kardinal vornehmer ausdrückt, „Sublimierung“, in der Realität wenig praktikabel ist, und der Aufbau eines zu starken Druckes die Gefahr von unerwünschten und unkontrollierbaren Explosionen mit sich bringt, wurde im Laufe der Zeit – selbstverständlich nur stillschweigend – den Männern zugestanden, durch das Spiel an sich selbst, solange es nur mit schlechtem Gewissen verbunden bleibt, den die Stabilität des gottgegebenen Systems bedrohenden Druck abzubauen.

Da die weibliche Sexualität für die Herrschenden von vornherein unverständlich und unerheblich war, wurde an die Frage, ob die Masturbation für Frauen zulässig ist, kein Gedanke verschwendet.

Die Frauen selbst scheinen sich in der Zeit zwischen dem 3. Jahrhundert, als sich das Christentum durchzusetzen begann, und dem 20. Jahrhundert, zumindest insoweit an dieses sich im Todschweigen manifestierende Verbot gehalten zu haben, als die Literatur diesen Aspekt der weiblichen Sexualität, wenn nicht die gesamte weibliche Sexualität, vollkommen ignoriert hat.

Das hat sich zwischenzeitlich glücklicherweise geändert.

Hierfür sei den Erica Jongs der Welt gedankt, die ein öffentliches Bewusstsein geschaffen haben, dass Frauen selbst sexuelle Bedürfnisse haben und nicht nur Objekte zur Befriedigung der männlichen Triebe sind.

Und die Erfüllung dieser Bedürfnisse erfordert optimalerweise nicht nur einen liebevollen und zärtlichen Sexualpartner, sondern auch den gelegentlichen „Sex mit jemandem, den man wirklich liebt.“

Das macht umso unverständlicher, warum im Jahr 2011 noch viele Leute, wenn sie auf das Thema Masturbation angesprochen werden, nicht nur erröten, sondern sich sogar Personen, die ansonsten alle möglichen Leute gerne an den Geschichten von ihren sexuellen Erlebnissen teilhaben lassen, dazu bringt, wider jeder Realität zu leugnen, dass sie je Hand an sich selbst anlegen.

Dies erscheint vollkommen absurd, zumal auch niemand abstreiten würde, dass zur Erfüllung des Bedürfnisses auf Nahrungsaufnahme neben dem 5-gängigen Galadiner und der gediegenen Hausmannskost durchaus auch ein kleiner Snack zwischendurch seine Berechtigung hat, und man sich eines solchen Snacks ohne schlechtes Gewissens erfreuen kann und soll.

Ich bilde mir ein, mit meinem Partner ein glückliches Sexleben zu haben. Aber in den Momenten, in denen mein Partner nicht zur Verfügung steht, und ich Lust auf den kleinen Spaß zwischendurch habe, sehe ich nicht den geringsten Grund dafür, mir die Befriedigung dieser Lust zu verweigern oder mich dafür zu schämen.

Eine glückliche Beziehung mit einem liebevollen Partner, mit dem man auch noch seine erotischen Phantasien ausleben kann, ist das Schönste, das es gibt.

Aber ich würde trotzdem meinen Vibrator nicht missen wollen. Und schon gar nicht dem Genuss entsagen, dass sich die Person, die meine sensuellsten Punkte am allerbesten kennt, diesen Punkten gezielt zuneigt.

Wenn ich die kalten Metallringe in meiner warmen Vagina bespiele, ob mit oder ohne technischen Hilfsmitteln, dann kann ich Woody Allen nur voll und ganz zustimmen.

Und habe Mitleid mit jedem, der sich diese Freude nicht manchmal gönnt.

Über Karin Koller

Biochemist, Writer, Painter, Mum of Three
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24 Antworten zu Dinge, die wir lieben: Selbstbefriedigung

  1. Clara schreibt:

    Guter Artikel. Ich gehe jetzt ein Nickerchen machen, und, wer weiss..?

  2. Anna-Maria schreibt:

    Das sollte schon lange mal gesagt werden. Ich finde, das Thema ist auch heute noch selbst bei jungen Frauen tabuisiert, leider.

  3. gedankenfest schreibt:

    Toller Beitrag!

    Ich habe eine Freundin (Anfang 20), die sich in ihrem Leben noch nie selbst befriedigt hat. Das tut mir – ehrlich gesagt – sehr leid für sie. Sie weiß nicht, was ihr entgeht.

    Die Selbstbefriedigung ist wichtig für die Entwicklung eines Menschen. Man sollte sich und seinen Körper kennenlernen. Was mag ich, was mag ich nicht, wie reagiert mein Körper worauf, was tut mir gut?

    Ich finde Selbstbefriedigung großartig. Und ich sehe auch keinen Grund, darauf zu verzichten, wenn man in einer Beziehung ist. Man tut sich selbst etwas Gutes, lernt sich vielleicht noch einmal neu kennen und das Ganze kann der Beziehung noch zugute kommen.

    P.S. Ich möchte meinen Vibrator auch nicht vermissen – auch nicht in einer Beziehung. 😉

    • JoM schreibt:

      Du hast vollkommen recht, Wie soll man mit jemandem anderen ein zufriedenstellendes Sexleben haben, wenn man nicht an sich selbst ausprobiert, was sich wie anfühlt.

  4. Alexa schreibt:

    Ein hervorragender Beitrag. Und ein fantastisches Foto.

  5. Nelkenfreundin schreibt:

    Ich finde es nicht richtig, wie hier Perversion glorifiziert wird!

    • gedankenfest schreibt:

      Genau das ist der Punkt! Es ist keine Perversion!

    • Anna-Maria schreibt:

      @Nelkenfreundin: du bist zu bemitleiden, wenn du Selbstbefriedigung als Perversion wahrnimmst. Schade für dich, dir entgeht viel, und du lernst deinen Körper nie kennen.

    • L. schreibt:

      Ein sehr guter Beitrag. Und die Reaktion von Nelkenfreundin zeigt, wie notwendig so ein Beitrag immer noch ist und wieviel Verklemmtheit es immer noch gibt.

    • Sonnenmond schreibt:

      Wenn man (oder frau) der Meinung ist, Selbstbefriedigung sei pervers, ist man (frau) entweder sehr uninformiert, sehr verklemmt oder gläubiges Schäfchen der römisch-katholischen Kirche.

    • stern5 schreibt:

      Selbstbefriedigung ist nicht pervers, sondern etwas ganz Natürliches! Menschen, die ihren Sexualtrieb unterdrücken, tun mir Leid!

  6. Elke schreibt:

    Dieser Beitrag sollte in der Mittelschule an die 16-jährigem verteilt werden. Wenn mir nur so ein offener Umgang mit der eigenen Sexualität beigebracht worden wäre, hätte ich mir viel erspart und wäre viel früher aus der Verklemmtheit befreit worden.

  7. Pingback: Selbstbefriedigung. | Gedankenfest

  8. sigmundo schreibt:

    masturbation hat zudem eine biologische funktion und dient der fortpflanzung!
    http://sigmundo.net/2011/03/01/spermienkrieg/

  9. MannSuchtFrau schreibt:

    Auch ich hatte vor vielen Jahren eine Freundin, die sagte, Selbstbefriedigung habe sie noch nie praktiziert. Dies sei ekelig und funktioniere bei ihr ohnehin nicht. Damals war sie 23 Jahre alt. Puh!

    Bei mir hat das starke Irritationen ausgelöst. Und Unverständnis. Womöglich schloss ich da einfach von mir auf jedermann. Für mich war bzw. ist dieser „Akt der Selbstliebe“ seit frühester Jugend etwas völlig Normales. Ich denke, auch heute noch gilt das eher für Männer denn für Frauen. Schade eigentlich.

    Selbstbefriedigung in einer Beziehung? Ja, warum nicht. Daran erkenne ich nichts Verwerfliches. Eine (andere) Freundin von mir meinte zu diesem Thema vor langer Zeit sinngemäß: „Nein, das mache ich nicht (mehr), seitdem wir zusammen sind. Ich hätte das Gefühl, Dich zu betrügen“. Männer sind da offenbar anders gestrickt. Ich zumindest.

    R.

  10. Notabeautyqueen schreibt:
  11. Pingback: Anonymous

  12. Die Jane schreibt:

    heyy,
    guter Artikel 🙂
    kann da nur zustimmen.
    Wenn man Erfahrungen mit Selbstbefriedigung hat, ist es viel leichter, dem Partner zu zeigen, wo er einen am besten berühren und stimulieren kann. Man muss seinen Körper erst kennen lernen. Der erste Orgasmus/ die ersten Orgasmen kommen zwar nach kürzerer Zeit Stimulierung, sind aber eher kurz und weniger intensiv. Das kommt erst mit der Zeit. Wenn man das Bedürfnis nach Befriedigung hat, es aber strengstens unterlässt, da das ja „unvernünftig“ ist/wäre, wird man dadurch nur verklemmt und unsicher. Wenn man einmal das Gefühl des Gipfels der Lust kennt, möchte man auch nicht mehr darauf verzichten. Warum auch?
    Ich finde es auch gut, dass wir in der heutigen Zeit so gute Möglichkeiten zur Aufklärung haben/gut aufgeklärt sind und das nicht alles „böse“ und Masturbation „verpöhnt“ ist. So war das nämlich früher (meine Urgroßmutter dachte noch, sie wäre schwanger, weil ihr Freund sie geküsst hat^^).
    Was meint ihr dazu?
    Jane

    • Karin Koller schreibt:

      Du hast völlig Recht. Je besser man sich selbst kennt, desto besser kann man sich annehmen. Je weniger die eigene Lust unterdrückt wird, desto freier kann man in allen anderen Dingen sein. Die Möglichkeiten heutzutage sind gut, es gibt aber immer noch – oder wieder – zu viele Tabus. Längst nicht jede Frau denkt so wie Du. Viele haben immer noch Angst vor ihrer Körperlichkeit, vor Sexualität und vor der Nähe zu einem anderen Menschen.

      • Die Jane schreibt:

        hi Karin,
        Danke 🙂
        da hast du wohl Recht. Diese Angst hat jedoch oft unterschiedlcihe Gründe. Vllt auch Errinnerungen an schlimme Geschehnisse in der Kindheit…
        Ich finde, es ist shcon ein ganz schöner Durchbruch.
        Hoffe nur, dass die Menschen, die Angst etc… haben weniger werden.

  13. Pingback: Interruptus | Karin Koller

  14. Jack the Ripper schreibt:

    Die römisch-katholische Kirche brandmarkt Selbstbefriedigung auch heute noch als eine „in sich schwere ordnungswidrige Handlung“ (Katechismus der Katholischen Kirche, KKK), also Sünde. Dagegen werden bei Verstößen von der Kirche Reue, Beichte und Buße angeboten. Falls dies Gegenmittel nicht wahrgenommen wird, droht die Kirche mit Fegefeuer und Höllenqualen.
    Nach Erkenntnissen der heutigen Medizin, Psychologie und Sexualwissenschaft ist SB eine eigenständige und wertvolle Form der Sexualität. Der Sexualtrieb ist uns Menschen angeboren und wir behalten ihn ein Leben lang. Er ist nicht auf den ehelichen Geschlechtsverkehr beschränkt! Schon Embryos im Mutterleib berühren ihre Geschlechtsteile. Das beweisen Ultraschallaufnahmen. Für Jugendliche ist SB Triebabfuhr und Einüben ihrer Sexualität. Erwachsene können durch SB ihr Sexualleben bereichern, und für viele, vor allem Frauen, ist sie ein gutes Orgasmustraining. Sexualtherapeuten verordnen SB gegen Orgasmusprobleme.

  15. Religionslehrer schreibt:

    Die römisch-katholische Kirche brandmarkt die Selbstbefriedigung, vor- und außerehelichen Sex, ehelichen Geschlechtsverkehr – natürlich zwischen Mann und Frau! – ohne Offenheit zur Zeugung, Homosexualität und Empfängnisverhütung als schwere Sünde. Dagegen empfiehlt sie dringendst Reue, Beichte und Buße, um Vergebung beim Beichtvater zu erlangen. Falls nicht, drohen Fegefeuer und Höllenqualen.

  16. Religionslehrer schreibt:

    Hier ein religiöser Witz zur SB:
    Der Priester: „Mein Sohn, wirst du von unkeuschen Gedanken geplagt?“ Der junge Mann: „Im Gegenteil, sie macht mir Vergnügen!“

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