Muscheln

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Über Muscheln weiß ich fast nichts. Als Kind wollte ich welche finden, um dann zu Hause tolle Dinge daraus zu basteln, was ich dann nie tat. Und irgendwann entsorgte sie meine Mutter dann, weil sie begannen, komisch zu riechen.

Meine Mutter hatte auch Vorurteile vor dem Essen von Muscheln. Sie glaubte, jedes Muschelgericht würde unweigerlich zu einer Lebensmittelvergiftung führen.

Aber was sind Muscheln eigentlich? Die kleben da so rum auf Steinen und rühren sich nicht. Urmünder sind sie. Manche von ihnen können 500 Jahre lang leben. Was machen die 500 Jahre auf ihrem Stein? Verreisen sie manchmal? Sehen sie was? Es gibt Muscheln mit 200 Augen. Aber sehen sie was mit ihnen, das ich auch erkennen könnte? Machen sie manchmal die Schale auf und schauen hinaus? Kommunizieren sie mit den anderen Muscheln, die auch auf dem Stein kleben? Es ist sehr schwierig, sich mit dem Erfahrungshorizont eines Menschen vorzustellen, wie es ist, eine Muschel zu sein. Weiterlesen

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Triangel

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Das Dreieck als Symbol. Verkehrszeichen fallen mir ein. Und der weibliche Genitalbereich.

In symbolhafter Darstellung impliziert das Dreieck Haare dort, weil sich die Form doch nach einer Enthaarung signifikant verändert.

Aber das weibliche Genital und die Behaarung dort sind eher Themen, über die man nicht spricht. Die man außer in symbolischer Darstellung nicht zeigt. Die man nicht einmal sinnvoll benennt.

„Vagina“ klingt doch gut, aber das ist eigentlich nur der Kanal, der zum Uterus führt, die äußeren Teile der Genitalien beschreibt das nicht. „Scheide“ ist ein Wort, das auch in Schulen oder in der Arztpraxis verwendet wird. Eine Scheide ist aber auch ein Behälter, in dem ein Schwert sicher aufbewahrt wird. Ist das weibliche Genital wirklich nichts anderes als ein sicherer Aufbewahrungsort für das männliche Genital?

„Schambereich“ ist auch so ein Wort, das ich sagte, ohne über die eigentlichen Konnotationen nachzudenken: Wer muss sich schämen dafür? Ich selbst? Jemand, der/die das sieht?

Ich habe eine Tattoo-Erotica-Zeitschrift durchgeblättert. In allen Bildern, die diesen Bereich zeigen, war dieser so retuschiert, dass man meinen konnte, es wäre der Unterleib einer Puppe.

Und das in einem erotischen Kontext. In einem allgemein zugänglicheren Kontext, wie der Werbung, wird alles, das jemals aus weiblichen Genitalien herauskommt, mit blauer „Ersatzflüssigkeit“ dargestellt, als wäre alles Tatsächliche für unbeteiligte BetrachterInnen unzumutbar.

In der Darstellung, Benennung du Akzeptanz weiblicher Genitalien gibt es wohl noch vieles an Misogynie aus Jahrhunderten und Jahrtausenden aufzuarbeiten. Weiterlesen

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Loops

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Loops.

Die erste Assoziation: Ein Spielzeugauto in einer Bahnschleife, traurig am höchsten Punkt herunterfallend.

Die zweite Assoziation: Ein Zirkustier, das durch einen brennenden Reifen springt. Bei genauerer Überlegung jedoch: Hoop wahrscheinlich. Aber ich habe ohnehin nie verstanden, warum man die Tiere zu so etwas Sinnlosem zwingt.

Die dritte Assoziation: control lops. Regelkreise. Diese natürlichen oder künstlichen Steuerungen, in denen ein Signal zum nächsten führt, in denen es je nach Impuls oder Chemikalie in die eine oder andere Schleife geht, die dann wieder die eine oder andere Aktion bewirkt und ihr Signal in die nächste Schleife einfüttert. Wenn ich von Regelkreisen der Nerven oder des Stoffwechsels lese, wundere ich mich immer ernsthaft, dass ich noch am Leben bin. Weiterlesen

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Pensées: Ein Ausflug nach Oostende

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  1. Am nächsten Tag wollen wir mit dem Zug nach Gent und nach Antwerpen fahren, gleich in der Früh, damit es sich noch auszahlt.
  2. Also gehen wir sicherheitshalber am Vormittag zum Bahnhof, um die Tickets zu kaufen. Und um zu sehen, wie lange wir zum Bahnhof brauchen.
  3. Im Bahnhof sehen wir, dass in 10 Minuten ein Zug nach Oostende fährt.
  4. Warum nicht, sagt mein Mann, und kauft Tickets nach Oostende.
  5. Oostende kenne ich schon von meiner Kindheit. Aber nicht richtig. Wenn ich mit meiner Mutter nach einem Besuch bei meiner Oma von Kärnten nach Salzburg fuhr, nahmen wir den Zug von Split nach Oostende. Der Zug war sehr lang und die Garnituren waren abgetragen. Wie das in einem Fernreisezug so ist, waren die Abteile voller Müll und rochen nicht gut. Split und Oostende wurden so für meine Kinderwelt zu schmuddeligen Orten, in die ich sicher nicht reisen wollte. Weiterlesen
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Rahmen

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Bilder brauchen Rahmen. Die meisten jedenfalls.

Ein Rahmen soll das Bild zur Geltung bringen, es aus seiner Einschränkung herausleuchten lassen.

Wenn ich durch Museen gehe, denke ich mir manchmal, diesen scheußlichen vergoldeten Holzverbau hat sich dieses Bild aber nicht verdient. Der Rahmen wird dann zum Käfig, der das Bild zu erdrücken droht.

Die fürchterlichsten Rahmen sah ich aber im Möbelhaus:  Ein so halbabstraktes Möbelhausbild in einem weißen Rahmen, auf dem das Bild weitergemalt ist, als würde es ausbrechen wollen, als würde es herausrinnen und auf die Mauer tropfen wollen.

Ein Rahmen darf weder ausufern lassen noch einengen. Eigentlich eine schwierige Aufgabe. Aber dennoch funktioniert das in den meisten Fällen recht gut. Weiterlesen

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Pensées: Ein Ausflug nach Brügge 2

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  1. Als wir aus dem Museum kommen, ist es bewölkt. Es könnte regnen, tut es aber nicht.
  2. Wir schlendern durch die Stadt und kommen zu einer Touristenbootsanlegestelle. Man muss durch die Kanäle fahren, denke ich, und kaufe Tickets. Wir klettern auf Türme, wenn ein Turm da ist, und wenn ein Boot da ist, fahren wir damit. Hier ist kein Turm, also Boot.
  3. Über eine Treppe kommen wir hinunter zum Kanal. Ein Schild sagt uns, dass wir die Hände im Boot lassen sollen. Es zeigt einen Waschzuber und eine brennende Hand. Moderne Ikonographie ist mir manchmal ähnlich unverständlich wie jene in alten Kunstwerken.
  4. Das Boot ist noch nicht da, wir sitzen auf einem überdachten Bänkchen, langsam gesellen sich andere TouristInnen dazu, es sieht zunehmend nach Regen aus.
  5. Einige der TouristInnen haben sich schon vorsichthalber in Zellophan verpackt. Wir haben weder Kapuzen noch Schirm. Living on the edge. Oder: Südlandtouristen im Norden. Weiterlesen
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Hintergrund

cofHintergrund.

Oberfläche.

Wenn man etwas ansieht, sieht man zunächst nur die Oberfläche. Egal ob es sich um einen Gegenstand handelt oder um eine Situation.

Wenn man den Gegenstand kennt, oder so ähnliche schon gesehen hat, wenn man glaubt die Situation einschätzen zu können, weil man schon so ähnliche erlebt hat, passiert es sehr schnell, dass man vergisst, auf den Hintergrund zu achten. Das Urteil ist schnell gebildet, es ist sonnenklar, was da los ist.

Ist es aber sehr oft nicht. Also bei Situationen, aber auch bei Gegenständen. Weil die Welt kompliziert ist.

„What you see is all there is” nennt Daniel Kahneman das und beschreibt in seinem Buch Thinking fast and slow (das ist sehr empfehlen kann) als große Gefahr, zu glauben, der Hintergrund, das Unsichtbare sei vernachlässigbar.

Diese Gefahr wird aber von jenen, die die Welt erklären oft nicht wahrgenommen oder bewusst verdrängt. Denn es ist einfacher, die Oberfläche zu erklären als den Hintergrund dazu.

Würde man versuchen, den Hintergrund einzubeziehen, müsste man viel öfter sagen „es ist kompliziert“ oder sogar „ich weiß es nicht“.

Und viele sehen das als Schwäche.    Weiterlesen

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Nasenringe

cof

Symmetrie gilt als schön. Studien haben gezeigt, dass die allgemein als am schönsten empfundenen Gesichter auch die symmetrischen sind. Symmetrie zeigt Ausgewogenheit. Vielleicht gibt sie auch Sicherheit.

Wenn ich Muster ansehe, versuche ich die Wiederholungsstelle zu sehen, die Symmetrie zu finden, Schaffe ich das nicht, beunruhigt mich das oder es spornt mich an. Für einen Augenblick. Weil Muster ja so wichtig nicht sind.

Symmetrie ist einschätzbar, sie bietet keine Überraschungen. Asymmetrie ist nicht unbedingt etwas völlig Zufälliges, sie ist nur schwerer zu berechnen, schwerer einzuschätzen. Elemente aus ihr können sich wiederholen. Aber der Spiegel hilft hier nicht, weil es einen Bruch gibt, einen Twist.

Das kann viel interessanter sein als das Konforme, das Berechenbare, das Ebenmäßige. Weiterlesen

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Pensées: Ein Ausflug nach Brügge

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  1. Im Sommer machen wir nur zu zweit, ohne Kinder, eine Reise nach Belgien und Holland. In beiden Ländern war ich noch nie, hatte ich als junger Mensch den Dünkel, nur der Süden sei schön.
  2. Wir fahren am Freitagabend nach Straßburg, damit wir am Samstag schneller in Brügge sind.
  3. Brügge ist eine Stadt mit Kanälen und über diese Kanäle war die Stadt schon im Mittelalter mit dem Meer verbunden. Viele Häuser der Innenstadt wirken wir mittelalterliche Kathedralen, manche wie erdenschwere Türme.
  4. Moderne Geschäfte (Schokolade!) und Waffelbuden sind in den Erdgeschossen. Am Rathausplatz sitzen viele Menschen am Boden, wahrscheinlich hauptsächlich Rucksacktouristen. Eine Familie mit Kindern hat sich Klappstühle aufgestellt und spielt Karten. Weiterlesen
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Musterblumen und digitale Information

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Jede Information ist mit 0 und 1 digital darstellbar. Das ist das Wesen der digitalen Schreibweise. Ich kann mir das nur schwer vorstellen.

Bei einem Würfel, bei dem die Punkte und deren Relationen zueinander in Zeilen und Spalten von Nullen und Einsern dargestellt waren, habe ich das zum ersten Mal verstanden. Auch dass diese Schreibweise klar und einfach ist und zusätzlich noch die Information über Spiegelungen und Drehungen beinhaltet.

Alle anderen digitalen Schreibweisen durchschaue ich immer noch nicht. Manches kann ich nachvollziehen. Zum Beispiel, dass ein x-beliebiger Raster von 0 und 1 von 128 Zeilen und 128 Spalten 16.384 Bits an Information zur Beschreibung braucht. Die in einem ähnlichen Raster dargestellte √2 braucht aber nur 100 Bits. Weil sie mathematisch beschreibbar ist. Aber warum sie nur so wenige braucht – Ich habe keine Ahnung.

Oder Mandelbrotfraktale, Muster, die aus verschiedenen Ebenen ihrer selbst bestehen und die wie seltsame Kaleidoskope aussehen: Das ganze komplexe Muster digital zu erfassen benötigt weniger Information als einzelne kleine Fragmente daraus.

Mathematik ist etwas Wundersames und mir leider Undurchdringliches. Weiterlesen

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